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Ortsjubiläum

Bereits 2016 hatten die damaligen Verantwortlichen der Wessumer Vereine und Einrichtungen entschieden, ausgehend von der authentischen Quelle in der Bulle mit der Jahreszahl 1126, also im Jahr 2026, das 900-jährige Ortsjubiläum zu feiern. Hintergrund für diese Entscheidung waren die Erkenntnisse der inzwischen weitergehenden historischen Forschungen über die erstmalige urkundliche Erwähnung von Wessum bzw. des Hofes Wesheim. Näheres hierzu kann dem nachstehenden Vortrag des Herrn Dr. Volker Tschuschke vom Landeskundlichen Institut entnommen werden, der neben dem Stammbaum aus der Gottfried-von-Kappenberg-Schule ebenfalls in der Homepage zu finden ist.

Zur Vorbereitung dieses Ortsjubiläums hat die Ortsvorsteherin Beatrix Wantia nunmehr die Verantwortlichen der Wessumer Vereine und Einrichtungen zu einem Gespräch eingeladen.

Hier wurden bereits erste Vorschläge mit unterschiedlichen Ansätzen unterbreitet:

  • ein Dorffest an einem langen Wochenende im Zusammenhang mit dem traditionellen Klumpendagg (Do, 30.04. bis So, 03.05.)
  • ein Zeltfest mit oder ohne Festwirt oder Nutzung verschiedener Plätze wie z.B. des Kirchplatzes, des neugestalteten Dorfparks/-platzes oder des Dorfgemeinschaftshauses
  • einzelne Aktionen über einen längeren Zeitraum wie z.B. in den Ortseingangstafeln, am Klumpendagg, historische Rundgänge, Klumpenlauf, Ausweisung von markanten historischen Punkten, Geschichtliches

Diskutiert wurde auch die Frage, ob ein „Dachverein“ notwendig ist, oder ob die Organisation anderweitig sichergestellt werden kann, zumal auch in diesem Zusammenhang eine Vielzahl rechtlicher Fragen zu prüfen und zu berücksichtigen ist.

Zunächst wurde das Orga-Team des Klumpendaggs beauftragt, zeitnah erste Vorberatungen anzugehen. Aber auch alle anderen Wessumer Vereine und Institutionen sind aufgerufen, sich konkret Gedanken zum anstehenden Ortsjubiläums zu machen. Zudem können sich auch weitere Interessierte an der Jubiläumsfeier gern bei Beatrix Wantia (Tel.: 5411) melden.

Gedanken zur Feier eines Ortsjubiläums in Wessum

Kurzvortrag vor den Wessumer Vereinen am 7. November 2016

Volker Tschuschke

Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren,

ich bedanke mich für die freundliche Einladung und kann sie beruhigen, denn es erwartet Sie heute kein abendfüllender Festvortrag. Vielmehr geht es nur darum, Ihnen Anhaltspunkte zur Feier eines Ortsjubiläums in Wessum vorzustellen.

Es ist ja so, dass viele Menschen glauben, die große Geschichte habe nur in den Hauptstädten, den Herrscherresidenzen oder Bischofssitzen stattgefunden, während auf dem Land und in den Dörfern der Hund begraben gewesen sei. Diese Leute irren gewaltig. Auch über kleine Orte gibt es oft spannende Geschichten zu erzählen, und dafür ist Wessum ein gutes Beispiel.

Wenn wir danach fragen, warum das so ist, dann führt uns das gleich zu der Frage, ob Wessum denn ein Ortsjubiläum feiern kann und welches das wäre, also was es überhaupt zu feiern gäbe. Schließlich brauchen Jubiläen gleich welcher Art immer ein Datum, an dem sie festgemacht werden können. Bei uns Menschen ist das die Geburt oder auch die Hochzeit, die in der Regel auf den Tag genau benannt werden können. Bei Orten ist das, so zufällig sie oft auch sind und so wenig sie über das tatsächliche Alter sagen, meist die erste urkundliche Erwähnung.

Genau da aber liegt für Wessum die Schwierigkeit, denn da kommen mehrere Jahreszahlen in Betracht. Wie das, werden Sie fragen. Nun, das hängt damit zusammen, dass Wessum als erstes in einer Reihe von Urkunden des Prämonstratenserklosters Cappenberg genannt wird. Das, was diese Urkunden so spannend macht, ist die Tatsache, dass sie gefälscht sind – und das bringt eben gewisse Probleme mit sich, wenn es darum geht, wann denn Wessum Jubiläum feiern kann. Sehen wir uns diese Urkunden also einmal an!

Die erste Jahreszahl, die, noch dazu an prominenter Stelle, nämlich im „Stammbaum“ der Gemeinde Wessum in der Gottfried-von-Cappenberg-Schule, genannt wird, ist 1122. 1122, so wird behauptet, schenkten die Brüder Gottfried und Otto von Cappenberg ihren Besitz, darunter auch den in Wessum, dem von ihnen in ihrer Burg Cappenberg gegründeten Prämonstratenserkloster. Anders als Taubitz in seiner Wessumer Ortsgeschichte schreibt, gibt es aber gar keine Schenkungsurkunde aus dem Jahr 1122 selbst. Vielmehr handelt es sich nur um eine Bestätigung dieser Schenkung von angeblich 1122 in einer Urkunde Bischof Dietrichs II. von Münster von angeblich 1125.

Es wird Ihnen, meine Damen und Herren, aufgefallen sein, dass ich in einem Satz zweimal das Wort „angeblich“ benutzt habe. Dafür gibt es einen guten Grund. Das eine Mal bezog sich das auf die Schenkung der Grafen von Cappenberg angeblich 1122, das andere Mal auf die Bestätigung dieser Schenkung durch Bischof Dietrich II. von Münster angeblich 1125. Im Unterschied zur Schenkung selbst gibt es über die Bestätigung eine Urkunde. Der Schönheitsfehler dieses Dokuments ist aber der, dass es in Wirklichkeit gar nicht aus dem Jahr 1125 ist, sondern erst um 1200 in Cappenberg gefälscht wurde!

Nun gibt es aber noch eine andere Urkunde, durch die Kaiser Heinrich V. das Kloster Cappenberg in seinen Schutz nahm und ihm seine Rechte und Besitzungen, unter denen auch Wessum aufgezählt wird, bestätigte. Diese Urkunde trägt das Datum 1123. Das wäre also das zweite Datum, das Anhaltspunkt für ein Wessumer Ortsjubiläum sein könnte. Auch diese Urkunde ist aber, wie die Schrift zeigt, nicht 1123 in der kaiserlichen Kanzlei geschrieben worden, sondern ebenfalls um 1200 im Kloster Cappenberg. Um 1215 wurde diese Fälschung dann von den Cappenberger Mönchen abermals überarbeitet. Erst jetzt wurde die Liste der angeblich vom Kaiser bestätigten Klosterbesitzungen nachgetragen, und zwar ganz am Schluss, und weil der Platz knapp wurde, musste man um das auf die Urkunde aufgedrückte Siegel herumschreiben. Schon dadurch erweist diese auch Wessum aufzählende Liste sich als ein späterer Nachtrag.

Damit kommen wir zum Motiv dieser Fälschungen. Tatsächlich hatten die Grafen von Cappenberg um 1100 Besitz in Wessum, und wirklich schenkten sie den ihrem Kloster. Das taten sie aber eben nicht schon bei der Gründung 1122/23, wie das die von den Cappenberger Mönchen um 1200/15 fabrizierten Fälschungen behaupten. Mit diesen Fälschungen wollten die Prämonstratenser eine Schenkung auf die Gründungszeit zurückschreiben und dadurch umso unanfechtbarer machen, die in Wirklichkeit erst einige Jahre später erfolgt war.

Sehr groß war der zeitliche Abstand zwischen der Klostergründung und der Schenkung von Wessum und anderen Besitzungen aber nicht, denn schon 1126 bestätigte Papst Honorius II. in einer unzweifelhaft echten Urkunde dem Kloster Cappenberg seine Besitzungen, darunter auch in Wessum. Diese Bestätigung wurde 1153 von Papst Eugen III. wiederholt, und dessen Bulle diente ihrerseits als Vorlage für ein Diplom Kaiser Friedrichs I. von 1161, und so kommt Wessum eben nicht nur in zwei echten Papstbullen, sondern auch in einer echten Kaiserurkunde vor.

Fassen wir also zum Schluss zusammen:

  1. Die Grafen von Cappenberg hatten um 1100 Besitz in Wessum. Den schenkten sie dem von ihnen gegründeten Prämonstratenserkloster Cappenberg. Das geschah aber nicht schon 1122/23, sondern erst in den nächsten drei Jahren bis 1126, als das von Papst Honorius II. bestätigt wurde.
  2. Als Aufhänger für ein Ortsjubiläum in Wessum kommen demnach mehrere Jahreszahlen in Betracht:

a) 1122: Das ist das falscheste Jahr.

  • Es ist das Jahr, in dem die Schenkung mit Sicherheit nicht stattfand, denn sonst wären die späteren Fälschungen nicht nötig gewesen.
  • Aus diesem Jahr gibt es gar keine Urkunde, in der Wessum erwähnt würde.
  • Stattdessen wird das Jahr nur in einer erst um 1200 gefälschten Urkunde von angeblich 1125 genannt.

b) 1123: Auch 1123 wird Wessum in Wirklichkeit noch nicht erwähnt, denn die angebliche Urkunde Kaiser Heinrichs V. ist ebenfalls eine Fälschung aus der Zeit um 1200, in die erst um 1215 die Besitzliste mit Wessum nachgetragen wurde.
Immerhin aber gibt es im Unterschied zu 1122 wenigstens ein wenngleich gefälschtes Dokument, das vorgibt aus dem Jahr 1123 zu stammen.


c) 1125: Das ist das Jahr, auf das um 1200 eine Urkunde Bischof Dietrichs II. von Münster gefälscht wurde, in der er die angeblich 1122, tatsächlich aber erst später erfolgte Schenkung Wessums an Cappenberg bestätigte. Das Jahr 1125 scheint als Aufhänger für ein Jubiläum ungeeignet, weil es weder das Jahr der angeblichen, noch der tatsächlichen Ersterwähnung Wessums ist.

d) 1126: 1126 ist das Jahr, in dem Wessum wirklich das erste Mal urkundlich erwähnt wird, nämlich in einer echten Bulle Papst Honorius II.

Damit habe ich Ihnen, meine Damen und Herren, gezeigt, dass Wessum im nächsten Jahrzehnt in jedem Fall einen Anlass hat, ein Ortsjubiläum zu feiern. Ich habe Ihnen auch erläutert, welche Gründe aus historischer und pädagogischer Sicht für bzw. gegen die unterschiedlichen Jahreszahlen sprechen, die als Aufhänger für ein Ortsjubiläum in Frage kommen. Die Entscheidung treffen müssen Sie!

Herzlichen Dank!

Wessumer Stammbaum
in der Eingangshalle der Gottfried-von-Kappenberg-Schule, erstellt 1961 vom Wessumer Künstler Josef Nienhaus anlässlich der Schulerweiterung